Zifferblatt und Zeiger setzen, wie geht das? 🤔💿
Jedes Uhrwerk, ob mechanisch oder mit Batterie betrieben, braucht ein Gesicht. Ohne eine Anzeige für Zeit, Datum und eventuell mehr bringt uns ein Uhrwerk keinen Mehrwert. Außer der teils wunderbaren Faszination für die Mechanik kann uns keine Zeit gezeigt werden. Erfahre nun, wie sich das Gesicht aus Zifferblatt und Zeiger bei einer mechanischen Uhr platzieren lassen und welches Ergebnis daraus folgt.
Zifferblatt
Ein Zifferblatt ist in der Regel eine Scheibe aus Messing, früher auch Kupfer, mit einem Loch in der Mitte und eventuell noch Ausschnitten für weitere Anzeigen. Diese Scheibe wird beschichtet. War es früher Emaille, was der Uhr ein Gesicht verlieh, so ist es heute so unterschiedlich wie nie. Der Designsprache von Marken und Künstlern sind kaum Grenzen gesetzt. Klassisch sind es Lacke, in den unterschiedlichsten Farben und Strukturen.
Immer beliebter wurde in den letzten Jahren die Struktur. Eine glatte und fast langweilige Oberfläche wird ersetzt durch Rillen und Gravuren und belebt so das Zifferblatt. Ganz bekannt hierbei sind die Audemars Piguet, Royal Oak oder Patek Philipp, Nautilus. Ein auffälliges Muster, überzogen von einem farbigen Lack, das zu einem der Markenkennzeichen wird.
Auf diese Grundstruktur oder eben den Lack folgen nun Indexe, die später das Ablesen der Uhrzeit ermöglichen sollen. Auch hierbei kann unterschiedlich vorgegangen werden. Von gravierten Zahlen oder Symbolen über Gedrucktes bis hin zu einzeln gefertigten Appliken, die dann gesetzt, vernietet oder geklebt werden. Bei Luxusuhren darf es eben auch Luxus sein, oft sogar aus Edelmetall oder Edelsteinen.
Um dem Zifferblatt am Uhrwerk Halt zu gewähren, sind an der Unterseite der Scheibe 2 Stifte angebracht. Diese sogenannten Zifferblattfüße sind angelötet oder verpresst und nur von der Unterseite zu sehen. Hersteller wie Rolex verzichten darauf und haben ein eigenes Klicksystem entwickelt, um das Zifferblatt ohne Füße zu fixieren.
Zeiger
Zeiger sind ebenso Teil der Anzeige. Durch Ihre Form und Beschaffenheit tragen sie maßgeblich zum Design und Stil der Uhr bei. Es existieren unzählige Zeigerformen, darunter auch ganz bekannte wie etwa die von Breguet (Abraham Louis Breguet war ein faszinierender Uhrmacher und Mechaniker, † 17. September 1823) geprägten Zeiger, mit einem zweiten Zeigerauge und exzentrischer Bohrung.
Der klassische Zeiger hat ein Zeigerauge, eine Bohrung, durch welche eine Hülse geführt und verpresst oder vernietet wird. Dies dient später zur Fixierung des Zeigers auf dem entsprechenden Rohr oder Zapfen unseres Uhrwerks.
Zeiger unterscheiden sich zum einen in ihrer Form, aber auch in ihrer Länge. Definiert wurde hier einst, dass ein Stundenzeiger 20% kürzer als der Minutenzeiger ist und ebenso breiter. Der Sekundenzeiger, sofern vorhanden, dreht sich auch am schnellsten, ist oft deutlich dünner und am längsten.
Hochwertige Zeiger zeichnen sich durch eine saubere Verarbeitung, perfekte Oberflächen und am wohl wichtigsten, einen sicheren Halt aus. Zeiger müssen auch bei einem Stoß gut fixiert sein und dürfen nicht abfallen. Bei der Materialauswahl kommt hier eine breite Vielfalt vor. Von Edelmetall über Stahl bis gar Holz lässt sich hier fast alles finden. Klassisch sind sie aus rostfreiem Material, um lange den Glanz zu bewahren.
Für Zeiger, die der Anzeige gestoppter Zeiten gelten oder spezielle Funktionen zeigen, kommen oft farbige Lacke zum Einsatz. Diese verzieren dann die Spitze oder das Fähnchen, das andere Ende des Zeigers, mit ihrer markanten Erscheinung.
Montage auf dem Uhrwerk
Sind Zifferblatt und Zeiger fertig gestaltet und ausgearbeitet, so können diese Komponenten nun am Uhrwerk montiert werden. Denn ohne diese wäre es eben keine Uhr, sondern nur ein sich munter bewegendes Räderwerk.
Beginnen wir mit dem Zifferblatt, welches zuerst gesetzt und verankert werden muss. Wichtig ist hierbei, dass es flach auf dem Uhrwerk aufliegt und so später kein Streifen der Zeiger hervorruft. Ebenso wichtig ist die einwandfreie Gewährleistung etwa der Datumsfunktion unter dem Zifferblatt. Auch hier darf kein Streifen entstehen beim Setzen von unserem Zifferblatt.
Für die korrekte Ausrichtung, damit 12 Uhr auf dem Zifferblatt auch exakt 90° zu unserer Krone bei 3 Uhr im Regelfall versetzt liegt, dienen die Zifferblattfüße. Diese werden in Bohrungen der Grundplatine unseres Uhrwerks geführt und mittels eines Riegels, den wir öffnen und schließen können, fixiert. Ist dies erfolgt und alle Funktionen wie z.B. das angesprochene Datum gewährleistet, folgen nun die Zeiger.
Hier kommt es auf die richtige Reihenfolge beim Setzen der Zeiger an. Beginnend mit dem Stundenzeiger, welcher auf das Stundenrohr, das im Zentrum unseres Zifferblattes herausragt, gepresst wird, folgen Minuten- und Sekundenzeiger. Der Minutenzeiger wird ebenfalls auf ein Rohr verpresst, das sogenannte Minutenrohr. Hingegen wird der Sekundenzeiger meist direkt auf die Welle, also den Zapfen des Sekundenrades gesteckt.
Dies ist nur möglich, wenn es sich um ein echtes Sekundenrad handelt. Nicht immer ist dies der Fall, je nach Konstruktion kann sich das Sekundenrad schneller drehen oder liegt nicht im Zentrum. Bei Uhren mit kleiner Sekunde liegt es etwa bei 6 Uhr. Durch eine Bohrung im Zifferblatt und den dadurch ragenden Sekunden-Zapfen bei 6 Uhr wird der Zeiger dort gesetzt.
Tipps:
Wichtig ist bei jedem Zeiger, dass nicht zu viel Druck beim Verpressen der Zeiger angewandt wird. Lager, Zapfen und Zeiger können Schaden nehmen. Teils wird sogar das Lager des Rades, auf welches gepresst wird, mittels eines speziellen Werkhalters unterstützt. Was am Ende zählt, ist ein sicherer Halt, der gewährleistet werden muss. Ist das Zeigerrohr zu eng, muss es auf den richtigen Durchmesser aufgerieben werden.
Nicht zu vergessen ist die Ausrichtung der Zeiger, der Stundenzeiger macht hier den Anfang und bietet die Referenz für den Minutenzeiger. Der Sekundenzeiger hingegen kann ohne spezielle Ausrichtung gesetzt werden, da er unabhängig ist. Der Stundenzeiger wird hierbei genau auf 12 Uhr ausgerichtet und dann verpresst. Danach kommt der Minutenzeiger exakt darauf. So liegen die Zeiger bei 12 Uhr auch deckungsgleich übereinander.
Hat die Uhr ein Datum, muss der Datumssprung ebenfalls beobachtet werden. Wir möchten schließlich nicht, dass unser Datum zu spät oder gar zu früh auf den nächsten Tag springt. Man lässt hierfür das Datum springen und setzt dann den Minutenzeiger mit Ausrichtung ein paar Minuten vor 12 Uhr.
Zur Kontrolle dreht man dann den Stundenzeiger im Uhrzeigersinn um 24 Stunden an der Krone und beobachtet den Datumssprung. Den Minutenzeiger setzen wir dann wie zuvor, beginnend mit der Ausrichtung des Stundenzeigers, den wir auf 12 Uhr an der Krone drehen.
Sind alle Zeiger gesetzt, wird anschließend der Abstand zwischen den Zeigern geprüft. Hierbei wird sichergestellt, dass die Zeiger zum einen nicht am Zifferblatt oder den Indizes streifen, aber auch nicht untereinander in Berührung geraten. Ist dies erfolgreich gemeistert, können wir mit Stolz auf das Uhrwerk schauen. Dieses ist nun bereit für das Einschalen.
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5 Responses
[…] ein Uhrwerk revidiert oder in der Produktion vollständig montiert worden, wurden anschließend Zifferblatt und Zeiger gesetzt. Ebenso ist das Gehäuse montiert und eventuell zuvor im Zuge der Revision aufgearbeitet worden. […]
Hallo Simon,
erst einmal schönen Dank für Deine gewissenhaft und sehr ausführlich gemachten Videos.
Die haben mir jetzt Mut gemacht, auch mal an die alten und sicher nicht besonders wertvollen Uhren Hand anzulegen, die sich hier seit Jahren angesammelt haben.
Als Erstes würde ich gerne an einem Ruhla Armbandwecker (MIYOTA Kal. 6L76) neue Zeiger und ein anderes Zifferblatt montieren wollen, weil die werksseitige Kombination einfach sehr schlecht ablesbar ist.
Die Werkzeuge aus Deinem Video habe ich mir schon besorgt und traue mir die Arbeit auch zu, aber als das eigentliche Problem stellt sich nun die Beschaffung neuer Zeiger heraus.
Nicht nur, daß die Hersteller der Werke äußerst sparsam mit Sachen wie den Wellendurchmessern der Zeigerachsen umgehen; bei den Zeigerherstellern und -Händlern ist das bei den Zeigern noch anonymer.
Meist steht da nur “….passt auf Werk XYZ” und sonst nichts.
Nun ist das MIYOTA Kal. 6L76 relativ selten und taucht weder bei Google noch in den Angeboten für Zeiger in den Portalen Ebay oder Aliexpress auf.
Auch woanders habe ich keine Vergleichslisten, wie man sie z.B. von Ölfiltern oder Zündkerzen bei Autos kennt, gefunden, mit denen man über ein aktuelleres oder verbreitetes Werk zu entsprechenden Angeboten findet .
Hast Du einen Tip, wer solche Listen führt oder weißt vielleicht sogar selbst, welche Zeiger anderer Werke mit dem 6L76 kompatibel sind?
Im Moment komme ich deswegen nicht weiter.
Gruß vom Hans
Hallo Hans,
freut mich zu hören, dass du motiviert bist selbst Hand anzulegen. Sei dir dennoch bitte bewusst, gerade das Zeigersetzen ist eine nicht ganz einfache Arbeit und es kann auch schnell ein Schaden entstehen. Ich kann in den Videos immer nur einen kleinen Teil zeigen auf den es zu achten gilt. Zu dem Durchmesser des Zeigerauges kann ich dir noch empfehlen dies einmal selbst zu messen. Eventuell einen Passenden Stift hindurchführen und dann messen. Bei Boley findet man oft passende Zeiger. https://boley.de/caliber/watchmovements/miyota/9987.6l76
Ich hoffe damit etwas weitergeholfen zu haben.
Hallo Simon,
ich habe bei drei ganz verschiedenen (Marke, Alter) Automatik-Uhren mit Datum das Phänomen, dass der Stundenzeiger bei ca. 23:40 hängen bleibt, während der Minutenzeiger munter weitertickt.
Der Hänger ist immer jeweils an der gleichen Stelle und bleibt so lange, bis man die Zeiger manuell etwas weiterdreht (ja, ich weiss ist doof wegen dem Datum). Danach ist alles gut.
Die Hänger können täglich sein und dann ist wieder über Wochen alles ok.
Die Uhren sind mal am Handgelenk und mal im Beweger – gleiches Ergebnis.
Frage: Hast Du eine Ahnung, was das sein könnte?
Danke
Olaf
Hallo Olaf, danke für deinen Kommentar. Leider ist das nicht so einfach aus der Ferne zu beurteilen, es könnte am Datumsmechanismus liegen, am Zeiger selbst oder sonst wo. Lasse es am Besten mal von einem Uhrmacher vor Ort beurteilen. LG Simon