Polieren, die Aufarbeitung einer Uhr. Wie geht das? đ§âïž
Egal welche Uhr und egal aus welchem Material, eine Uhr, die getragen wird, erfÀhrt eine Abnutzung. Doch was ist alles möglich im Sinne einer Aufarbeitung? Wie aufwÀndig und kompliziert ist es, eine Uhr zu polieren? Diesen Fragen habe ich mir gestellt und beantworte sie im Folgenden, um unnötige Fehler, die mit Kosten verbunden oder unwiderrufbar sind, zu vermeiden.
Was versteht man unter Aufarbeitung?
Die Aufarbeitung, meist Teil der kompletten Revision einer Luxusuhr, soll den ursprĂŒnglichen Glanz, der einst neuen Uhr, wiederherstellen. Dies bezieht sich auf das GehĂ€use der Uhr, da unser Uhrwerk, wie bereits in vorangegangenen BeitrĂ€gen gezeigt, gewartet wurde.
Weil eine Uhr, besonders dann, wenn diese viel getragen wird, abgenutzt wird, bedarf es einer Aufarbeitung. Denn selbst ein Pullover oder HemdĂ€rmel, der sich sanft ĂŒber das UhrengehĂ€use am Arm legt, sorgt mit der Zeit fĂŒr ein Abstumpfen polierter FlĂ€chen. Diese werden dann stumpf und somit matt, was der Uhr den Glanz nehmen kann.
Es sind aber oft nicht nur diese feinen Abnutzungen und Kratzer, denen das GehĂ€use unserer Uhr standhalten muss. Auch Macken oder das AnstoĂen am TĂŒrrahmen, das Kratzen an einer Wand raubt der Uhr ihren Glanz. Wem das zu viel ist und er dies nicht als Geschichte des Zeitmessers betrachtet, der wĂŒnscht sich, dies rĂŒckgĂ€ngig machen zu können. Genau dann kommt die Aufarbeitung der Uhr ins Spiel, mit der man versucht, diese wieder in den ursprĂŒnglichen Zustand zu versetzen.
Aufarbeitung bedeutet nicht, die Uhr neu zu machen oder alle Kratzer und Dellen zu entfernen. Aufarbeiten ist bei vielen Uhrenmarken so definiert, dass versucht wird, den ursprĂŒnglichen Glanz bestmöglich wiederherzustellen. Alles, was die Form des UhrengehĂ€uses signifikant verĂ€ndern wĂŒrde, wird nur bestmöglich retuschiert.
Wer wirklich alles entfernt haben möchte und die Uhr in einen Neuzustand versetzen will, der muss abhÀngig vom Ist-Zustand einen Fachmann im Bereich Restoration aufsuchen.
Benötigte Werkzeuge
Bevor mit der Aufarbeitung begonnen werden kann, braucht es mehr als nur eine Hand voll Maschinen und Werkzeuge. Spart man hier am Werkzeug oder benutzt das Falsche, ist die Form schnell zerstört und teilweise nur schwer wiederherzustellen. Die Kombination aus Wissen, Handwerkskunst und dem richtigen Werkzeug bringt hier Erfolg.
Abgesehen von Lupen und gutem Licht braucht es Maschinen, die die unterschiedlichsten Formen mal gröber, mal feiner bearbeiten können. FĂŒr groĂe FlĂ€chen benutzt man eine Poliermaschine, die mit unterschiedlichsten Schleif- und Poliermitteln ausgestattet werden kann. GröĂere FlĂ€chen wie etwa das Armband einer Uhr lassen sich so gleichmĂ€Ăig und zugleich auch zeitsparend bearbeiten.
FĂŒr kleinere FlĂ€chen und spezielle Nacharbeiten auch am GehĂ€use, benötigt man die etwas kleinere Version einer Poliermaschine. Die sogenannte Dremel kann ebenfalls mit einer Vielzahl unterschiedlichster Schleifmittel bestĂŒckt werden. Zum Einsatz kommen hier Nylonborsten oder Gummischeiben mit Schleifkörnern. FĂŒr feinere OberflĂ€chen oder die Politur kommen Filzscheiben und Baumwollschwabbel mit entsprechender Polierpaste zum Einsatz.
Je nach GehÀuseschliff und GehÀuseform wÀhlt man die Körnung des Schleifmittels und eventuell weitere benötigte Werkzeuge. Schleifarbeiten an deiner Drehbank oder einer sogenannten Lapidiermaschine, aber auch klassisch mit einer Feile können ebenfalls anstehen. Jedes GehÀuse muss individuell betrachtet werden, um den Originalzustand nicht in Mitleidenschaft zu ziehen.
Eine Uhr aufarbeiten
Starten wir nun mit der eigentlichen Aufarbeitung des GehĂ€uses und des Armbandes unserer Uhr. Hier empfiehlt es sich mit dem Band zu starten, wenn möglich mit Tests an einem alten Armband beginnen, um ein GespĂŒr fĂŒr Material und Maschinen zu entwickeln. Wir beginnen deshalb mit dem Band, da es hier oft weniger komplexe Formen als am GehĂ€use hat und ein Band einem deutlich mehr verzeiht als ein Fehlschliff am GehĂ€use.
Nach dem Trennen vom GehĂ€use und einer Begutachtung werden gröbere Kratzer mit der Dremel und einer entsprechenden Schleifscheibe bestmöglich entfernt. Ist ein Kratzer zu tief darf hier nicht so lange geschliffen werden, bis dieser weg ist, da sonst ein Krater entstehen wĂŒrde. Im besten Fall kann hier Material aufgeschweiĂt werden und dann abgeschliffen werden, um den Hick oder Kratzer zu retuschieren.
Sind alle Kratzer und Hicks bestmöglich beseitigt, werden die zu polierenden FlĂ€chen mit einer Filzscheibe vorbehandelt und anschlieĂend mit einem Schwabbel meist aus Bauwolllappen poliert. Die entsprechenden Polierpasten werden hier vorab an den sich drehenden Polierkopf gehalten und sorgen bei der richtigen Drehgeschwindigkeit fĂŒr das gewĂŒnschte Ergebnis. Dies kann an der Poliermaschine oder mit der Dremel erfolgen.
Ist die Politur abgeschlossen, werden die frisch polierten FlĂ€chen mit einem robusten Klebeband abgeklebt und so geschĂŒtzt fĂŒr die nachfolgenden Arbeiten. Dies sind z.B. die Satinage, welche nun mit einer Schleifscheibe mit gleichbleibenden Bewegungen und geringerer Drehzahl angebracht wird. Der Schliff hierfĂŒr soll gleichmĂ€Ăig, in der richtigen StĂ€rke und in eine Richtung zeigen. Wie grob oder fein das Ergebnis ist, wird vom Schleifmaterial beeinflusst.
đĄSatinage: Wird Metall satiniert, ist die hauptsĂ€chliche Absicht eine Art Mattierung der OberflĂ€che.
Das GehÀuse:
Im zweiten Teil folgen die Arbeiten am GehĂ€use, dieses sollte vorab so vorbereitet werden, dass alle FlĂ€chen gut zu erreichen sind. Oft ist dies nur durch eine Demontage der LĂŒnette, dem Boden, Tubus und DrĂŒcker, sofern vorhanden, möglich. Wer sich diesen Schritt spart, beschĂ€digt eventuell Komponenten wie den Tubus oder erzielt ein schlechteres Ergebnis.
FĂŒr die Demontage eines GehĂ€uses braucht es passendes Werkzeug, um keinen Schaden zu erzeugen, der spĂ€ter eventuell ein undichtes GehĂ€use mit sich bringt.
Am GehĂ€use wird, Ă€hnlich wie beim Band beschrieben, vorgegangen. Zuerst werden grobe Kratzer und Macken entfernt, ohne die Form zu verletzen und anschlieĂend poliert. Ist dies gemacht, folgt auch hier die Satinage, sofern dies am GehĂ€use vorgesehen ist.
Nach Abschluss aller Arbeiten, sowohl am GehÀuse, dessen Komponenten und dem Band, wird alles montiert. Unter gutem Licht, kritischen Augen und einem geschulten Blick wird kontrolliert und eventuell noch einmal nachgearbeitet. Die Arbeit darf nicht unterschÀtzt werden. Wer hier gute Ergebnisse erzielen will, braucht Geduld und viel Erfahrung und Wissen im Bereich der unterschiedlichsten Formen und Schliffe.
In der Schweiz gibt es hierfĂŒr sogar einen eigenen Lehrberuf (OberflĂ€chenveredler), der den Umgang und das Knowhow fĂŒr all diese Schritte lehrt. Wer sich hier ein Profi nennen darf, schafft es nahezu jede Uhr wieder in einem tadellosen Look dastehen zu lassen, egal wie alt und aus welchem Material sie gefertigt wurde.
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